WeibsBilder - eine Künstlerinnen-Gruppe

Die WeibsBilder waren: Lisa Endriß, Lilith Lichtenberg, Alrun Prünster-Soares, Sara Rogenhofer, Ursula Strauch-Sachs

"WeibsBilder"Gruppe WeibsBilder, "Die moderne Frau auf der Flucht vor der Waschmaschine", 1983
 

Aus Kunstforum International, Hrgs. F. Rötzer/S. Rogenhofer, Künstlergruppen: Von der Utopie einer kollektiven Kunst, Nov./Dez. 1991

Zusammen mit dem Kollektiv stellte in der Lothringerstraße 1980 auch die Gruppe WeibsBilder aus. Schon das Kollektiv war keine reine Männergruppe mehr, aber im Laufe der Politisierung entstand auch die feministische Bewegung, um sich gegen die Dominanz der Männer zu wehren.

Die WeibsBilder, die sich 1977 zusammenschlossen und denen mit Ursula Strauch-Sachs auch ein Mitglied des Kollektivs angehörte, suchten ebenso wie das Kollektiv nach der leerlaufenden Theoriediskussion und dem "Malverbot" - die Kunst, das Bild, die Literatur ist tot! - neue Produktionsformen zu entwickeln, die bereits in den studentischen Arbeitsgruppen und Wohngemeinschaften angelegt waren.

Auch durch persönliche Bekanntschaft waren sie beeinflusst von der Programmatik, der Malweise und den Ansätzen kollektiver Produktion durch die vorhergehenden Gruppen, insbesondere durch das Kollektiv und das etwa gleichzeitig gegründete King Kong Kunstkabinett. Gegenüber Geflecht haben alle wesentlich freier von unmittelbar auf das Bild bezogener Theorie gemalt, wobei Phantasie und Imagination eine große Rolle spielten.

Auch ihre Texte und Bildtitel legen Zeugnis von einer ironischen Distanz zu den üblichen eben ernsthaften Beschwörungen des Kunstbetriebs und eines lustbetonteren sowie spielerischen Verständnisses des Malprozesses ab. Aufgenommen und weitergeführt wurde im Selbstverständnis die Ablehnung der professionellen Kunstproduktion und deren Sedimentierung in einem Stil. Die große Utopie der avantgardistischen Umwandlung des Lebens durch die Mittel der Kunst war nicht mehr leitend.

Es ging vor allem um neue Interaktions-, Produktions- und Kommunikationsformen der Einzelnen in der Gruppe, um die Arbeit an einer gemeinsamen Sprache, in der die Phantasien aller Platz finden, um eine bescheidenere Verbindung von Leben und Kunst, die in Richtung einer Selbstthematisierung ging.

So wurden in Malaktionen nicht nur Bilder gemalt, sondern die Frauen bemalten sich selbst als Teil der Bilder, auf denen sie lagen, sich in sie integrierten und sich dann von ihnen wieder als lebendiges Kunstwerk lösten. Davon wurden Fotografien gemacht, die wieder übermalt wurden, und es entstand ein Film, der den Rausch des spielerischen Eintritts des eigenen Leibs in die Malerei festhält, ohne in die Zeremonien etwa der Wiener Aktionisten zu verfallen:

"Im Kollektiv können wir uns vielseitiger entfalten..."

"Im Kollektiv können wir uns vielseitiger entfalten, kommen heraus aus unseren festgefahrenen Bilderwelten, kommen auf noch ganz andere Ideen, wenden dem bürgerlichen Geniekult den Rücken, wenden uns unseren Eigenarten zu, um einen gemeinsamen Ausdruck zu (er)finden." - "In der Gruppe entkommen wir der monomanischen Einzelproduktionswut, können Bilder gemeinsam erfinden, zu denen wir als Einzelne nicht in der Lage wären, durch die gegenseitigen 'Störungen': sie sind weniger klar 'durchkonstruiert', sind bewegter, flirrender, quirliger, oft vielschichtiger, vieldeutiger, manchmal inhomogen, antagonistisch (selten)."

In der gemeinsamen Malerei wurde nach Ansätzen einer eigenständigen weiblichen Ästhetik gesucht, aber natürlich auch wieder nach einer Arbeitsform, die nicht von Konkurrenz, sondern von solidarischer Zusammenarbeit geprägt war. Das aber hieß zunächst, die Arbeit in der Gruppe zu forcieren und nicht alleine zu malen. Bestimmend für die gemeinsame Arbeit war die Improvisation, also im Malprozess und durch die von ihm ausgelösten Assoziationen und Kontroversen erst gemeinsam ein Bild zu erfinden.

"Wir malen gleichzeitig an einem Bild, zumindest anfangs, später nach Absprache mit den anderen auch mal einzelne von uns, zwischendurch. In letzter Zeit kommt es häufiger vor, dass wir uns alle ein Thema stellen, oder wir malen "drauflos" und überlassen uns ein Stück weit dem Zufall, und machen dann was aus ihm. Er ist unser ständiger Begleiter, auch wenn wir gezielt weitermalen."

Große Bildformate und eine abstrakt-expressive oder von Gesten bestimmte Sprache ermöglichten die gleichzeitige Arbeit an einem Bild, da man sich damit gleichberechtigt auf der Fläche bewegen konnte und nicht so stark auf die Einschreibung eines Einzelnen, wie sie durch eine markante Figuration hervorginge, reagieren musste. Anspielung auf Gegenständliches fand gleichwohl statt, das aus den sich überlagernden Linien und Farbflächen herausgebildet wird, aber uneindeutig bleiben sollte, um die Möglichkeit für viele Einbildungen zu eröffnen. Auch hier also standen die Vielheit, die Möglichkeit des Verkettens und Anschließens in einem zersprengten Raum im Vordergrund.

Es ging also nicht wie für viele andere Frauen darum, neue oder andere Bilder der Frau und der Darstellung ihres Leibes zu finden, sondern in einer veränderten Produktionsform die Konturen eines möglichen weiblichen Imaginären erst zu eruieren. Nicht die Selbstdarstellung und Selbstbehauptung als Frau standen dabei im Zentrum, sondern der Versuch, das weibliche Imaginäre durchaus auch kunstimmanent an die von Männern geprägte moderne Bildsprache anzuknüpfen. Von dieser Hoffnung nahmen sie allmählich Abstand, zumal die unter dem Begriff Frauenkunst stehenden Arbeiten immer mehr in eine Enklave gerieten.

Florian Rötzer

Veröffentlichungen Gruppe WeibsBilder

  • Ästhetik & Kommunikation, Heft 44, (81)
  • Kulturpolitik, Heft 1 (81), Heft 1 (84), Heft 3 (85)
  • Konkursbuch 12 und 13 (84)
  • "Neue Kunst in Europa", Heft 7 (85)
  • "Zitronenblau - Balanceakte ästhetischen Begreifens", Hrsg. M. Winter, München (83)
  • "Women artists", Hrsg. Gisela Ecker, London (85)
  • art-Kunstmagazin, Juni-Ausgabe (88)
  • "Im Unterschied", Positionen zeitgenössischer Künstlerinnen, Berlin (91)
  • "Wer hat Angst vor Josephine Beuys?" Hrsg. M. Reichenberger, München (95)